Felipe Castelblanco &
Lydia Zimmermann &

AYÊNAN: Territorios de Agua (AYÊNAN: Water Territories)

»AYÊNÁN IST DAS INITIALTEILCHEN, DAS DIE EXISTENZ ENTFACHT.«

Im Jahr 2020 begab sich das indigene, im Südwesten Kolumbiens tätige Medienkollektiv Ñambi Rimai auf eine Reise: Die Route beginnt in der Nähe des Siona-Gebiets im Amazonasbecken am Putumayo-Fluss. Von dort geht es mit der Durchquerung des heiligen Landes der Inga- und Kamëntsá-Gesellschaften in das Quillacinga-Gebiet im Hochland von Putumayo. Hoch oben in den Páramos, wo die Quillacinga leben, entspringt der Putumayo-Fluss. Dabei folgte das Kollektiv dem Weg, den der spanische Konquistador Hernán Pérez de Quesada bereits im Jahr 1540 beschritten hatte. Auf der Suche nach dem sagenumwobenen Eldorado war er Teil der ersten europäischen Expedition in das innere Hochland der kolumbianischen Anden.

Das zehnköpfige Pan-Amazonas Kollektiv begab sich gewissermaßen auf eine Gegenexpedition, indem sie das Gold in einem Ritual an den Ort zurückbrachten, an dem es manchen Erzählungen der Eroberer zufolge an den Bäumen wuchs und nur noch gepflückt werden musste. Die Reise und damit die filmische Arbeit enden in einer andächtigen Zeremonie. Die Mitglieder des Kollektivs bilden dabei einen Kreis und reichen sich verneigend reihum einen in einem langsam schmelzenden Eisblock eingeschlossenen Goldklumpen, der schließlich voller Ehrerbietung an den Fuß einer Espeletia gelegt wird. Diese Pflanze spielt eine wichtige Rolle in den Ökosystemen der Anden, da sie das Wasser aus dem Morgennebel in den Boden einspeisen kann. Wie einst die Herrscher der Muisca entzündet auch das Kollektiv nachts ein Freudenfeuer — hier eine Form der biokulturellen Friedensstiftung zwischen Regionen, Kulturen und nichtmenschlichen Welten.

Die eindringliche Bildsprache wird mit Kommentaren des Kollektivs und weiterer indigener Personen verbunden. Es wird immer wieder deutlich, wie tiefgreifend und nachhaltig das Erscheinen der Weißen das Leben am Amazonas verändert hat. So musste die indigene Bevölkerung weiße Denkmuster übernehmen, um sich vor diesen gleichsam zu schützen. Dazu zählen vor allem das Erlernen der spanischen Sprache und die Gleichsetzung von Land mit Kapital. Die ernüchternde Bilanz: Weiße hinterlassen überall Zerstörung und ohne ihre Anwesenheit wäre man grundsätzlich besser dran.

Das Zweikanalvideo AYÊNÁN: TERRITORIOS DE AGUA von Felipe Castelblanco und Lydia Zimmermann ist Teil von Castelblancos praxisbasiertem künstlerischen Forschungsprojekt Cartographies of the Unseen, das indigene territoriale Denkweisen und Ästhetiken aus dem sogenannten Globalen Süden untersucht. (Lisa Bosbach)


In Zusammenarbeit mit dem Ñambi Rimai Media Collective
Gefördert durch den Fachausschuss Film und Medienkunst Basel und Prohelvetia - Coincidencia



Ñambi Rimai Media Collective for Biocultural Peace Building
2019 gegründet. Das indigene Medien-Kollektiv, bestehend aus Inga, Awá, Siona, Kamënstá und Quillacinga, agiert im Südwesten Kolumbiens zwischen den Hochanden und dem unteren Amazonas. Ziel des Projekts ist es, durch Film-, Radio- und Multimediaproduktionen Prozesse der Selbstverwaltung, der kulturellen Erhaltung und der Verständigung innerhalb indigener Gebiete als auch darüber hinaus, zu fördern.

Abbildungen: Felipe Castelblanco & Lydia Zimmermann, AYÊNAN: Territorios de Agua, 2022 © Felipe Castelblanco & Lydia Zimmermann

Über die Künstler:innen

Felipe Castelblanco * 1985 in Bogotá, COL, lebt und arbeitet in Basel, SUI. Studium an der Carnegie Mellon University, Pittsburgh, USA, der University of the Arts, Linz, AUT, und an der Hochschule für Gestaltung und Kunst (FHNW), Basel, SUI
Lydia Zimmermann * 1966 in Barcelona, ESP, lebt und arbeitet in Barcelona, ESP, und Zürich, SUI. Studium an dem Victorian College of the Arts, Melbourne, AUS, und an der Zürcher Hochschule der Künste, SUI
Webseiten

Über das Werk

Länge 00:35:00

Hintergründe auf Videonale X

Desktop Selfie
Felipe Castelblanco & Lydia Zimmermann tauschen sich darüber aus, wie es ist, die Welt auf einem Floß zu bereisen und warum der Mensch sich dem Rhythmus des Mondes anpassen sollte.
ToolboX
Felipe Castelblanco & Lydia Zimmermann erinnern sich zurück an die gemeinsame Reise in den Amazons und reflektieren ihre Zusammenarbeit.
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