Alejandro Alvarado &
Concha Barquero &

Descartes (Outtakes)

DESCARTES von Concha Barquero und Alejandro Alvarado ist eine filmische Auseinandersetzung mit Fernando Ruiz Vergaras Dokumentarfilm Rocío (1980), der bis heute in Spanien der Zensur unterliegt. Der Film Rocío über den bekannten Wallfahrtsort El Rocío entstand gemeinsam mit der Drehbuchautorin und Produzentin Ana Vila sowie mit Unterstützung der technischen Mittel portugiesischer Filmkooperativen. Der Film löste heftige Kontroversen aus und wurde trotz der 1978 abgeschafften Francoschen Vorzensurmechanismen für das Kino gerichtlich beschlagnahmt und Ruiz Vergara zu einer Haft- und Geldstrafe verurteilt. Als problematisch erachtet wurde nicht die Dokumentation der Wallfahrt zu Pfingsten — tatsächlich wurde die offensichtliche Absicht, einen reinen Dokumentarfilm über die historische, soziologische, kulturelle, religiöse und anthropologische Dimension der Pilgerfahrt zu drehen, als solche anerkannt —, sondern die Aufnahmen von Zeugenaussagen: insbesondere die Zeugenaussage Pedro Gómez Clavijos über die Unterdrückung und Morde unter der Diktatur Francisco Francos in der Gemeinde Almonte während des Spanischen Bürgerkrieges im Juli 1936. Mit diesen Aussagen konnte in dem Film ein Herr Reales eindeutig als faschistischer Verbrecher identifiziert werden.

Bereits 2010 trafen sich Barquero und Alvarado kurz vor seinem Tod mit Ruiz Vergara für ein Interview zum Thema Zensur im Dokumentarfilm. 2016 folgte eine Recherche in der Filmoteca Española (Spanisches Filmarchiv) zu dem Film. In den Archiven fanden sie 260 Rollen 16-mm-Film mit Outtakes, d.h. bei der Aufnahme entstandenes Material, das in der Endfassung nicht berücksichtigt wurde. Auf diesen Outtakes, deren originale Tonspur nicht erhalten ist, basiert DESCARTES. Ergänzt werden diese gleichsam stummen Bilder um Voiceover und erklärende Texttafeln, die am Anfang, in der Mitte und am Ende eingeblendet werden. Aus dem Off werden von der Dichterin María Eloy-García Auszüge aus den Urteilen des Landesgerichts in Sevilla von 1982 und dem Obersten Gerichtshof in Spanien von 1984 vorgelesen. Der Historiker Francesco Espinosa Maestre liest Passagen aus zwei seiner Publikationen. Bedeutsam ist, dass er eine Liste mit zwischen 1936 und 1939 ermordeten und verschwundenen Bürger:innen zusammentrug, die auf Grundlage des Films zusammengestellt wurde. Sieben Namen tauchen in den Outtakes auf.

Wie sich bereits Ruiz Vergara und Vila dem politischen Aktivismus durch Film widmeten, werfen Barquero und Alvarado mit der Verwendung dieses Found-Footage-Materials erneut Fragen nach Meinungsfreiheit, historischer Erinnerung und Wiedergutmachung auf. Umso brisanter, dass bis heute weder die Zensur von Rocío aufgehoben wurde, noch die Geschehnisse in Almonte zufriedenstellend aufgearbeitet wurden. (Lisa Bosbach)

Gefördert durch Vicerrectorado de Cultura de la Universidad de Málaga (UMA)

Abbildungen: Concha Barquero & Alejandro Alvarado, Descartes, 2021 © Concha Barquero & Alejandro Alvarado, Fernando Ruiz Vergara

Über die Künstler:innen

Alejandro Alvarado * 1975 in Málaga, ESP, lebt und arbeitet in Cala del Moral, ESP. Studium an der Universidad de Málaga (UMA), ESP, und der Universitat Autònoma de Barcelona (UAB), ESP
Concha Barquero * 1975 in Málaga, ESP, lebt und arbeitet in Cala del Moral, ESP. Studium an der Universidad de Málaga (UMA), ESP, und der Universitat Autònoma de Barcelona (UAB), ESP
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Über das Werk

Länge 00:20:45

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