Federico Cuatlacuatl Teles &

Tiemperos Del Antropoceno: TOLCHIKAUALISTLI (Timekeepers of the Anthropocene: TOLCHIKAUALISTLI)

Auf dem heiligen Berg Tlacuaquilo materialisieren sich zwei Zeitreisende. Gleichzeitig reflektiert eine körperlose, Nahuatl sprechende Stimme die verheerenden, wellenartigen Effekte des Kolonialismus, den Widerstand und die Resilienz indigener Gemeinschaften
und Kulturen sowie die Herausforderung, auferlegte staatliche, identitäre oder lineare Grenzen zu umschiffen. Die zwei Reisenden sind tatsächlich viele, haben mehrere Identitäten und existieren gleichzeitig an mehreren Orten und zu mehreren Zeiten. Federico Cuatlacuatl Teles’ TIEMPEROS DEL ANTROPOCENO: TOLCHIKAUALISTLI wirft einen flüchtigen Blick auf diese Figuren in voller Montur, die sowohl farbenfroh bestickt ist als auch als Schutzkleidung für interdimen- sionale Reisen fungiert, während die Figuren — auf dem Weg durch Raum und Zeit — einen Zwischenstopp einlegen, um ihre wichtige Botschaft zu überbringen.

Es gibt eine dritte, ungesehene — jedoch sehende — Begleiterin, die sich zu den beiden Reisenden auf der Bergspitze gesellt. Dieses remora-förmige Drohnenauge ist stets in ihrer Nähe und hat eine symbiotische Beziehung zu den Reisenden; es umkreist sie und zeichnet ihre Anwesenheit auf: Manchmal beobachtet es sie von weit oben, mal von unten aus dem hohen Gras. Die von ihm produzierte Aufnahme existiert auf einer einzigartigen Zeitskala, von der wahrnehmbaren Realität verlangsamt — eine verweilende und respektvolle Betrachtung ihrer Anwesenheit und Botschaft. Das Drohnenauge erfasst auch schwebende, digitale Anomalien mit seinem Blick, während sie sich auf dieser Realitätsebene materialisieren und wieder verschwinden. Die Besucher:innen aus dem Zeitfluss sind mal figürliche Wesen und mal dicht zusammengedrängte Heerscharen geometrischer Wesen. Ihr Erscheinen und Verschwinden an diesem Ort ist ein weiterer Beleg dafür, dass der raumzeitliche Schleier hier dünn ist und durchdrungen werden kann.

Die Stimme dringt aus dem Rauschen der Radiofrequenzgeräusche hervor und spricht: »Wir wurden dazu gezwungen, uns selbst zu vertreiben... Wir stecken in einem Strudel und in der Schwebe raumzeitlicher Spannungen fest ...« Die Reisenden heben ihre Arme und strecken sie entschieden Richtung Himmel. Die Stimme spricht mit trotziger Überzeugung weiter und reflektiert
den Kampf: »Wir navigieren weiter, entdecken, überleben, decken auf, leisten Widerstand ... Wir sind fast da.« Die Stimme schlägt vor, »Re-Indigenisierung einzuschmuggeln«. Der Akt des Schmuggelns kann dabei als soziale und politische Taktik für ›nicht autorisierte‹, selbstbestimmte Bewegungen genutzt werden. Durch diesen Akt können von außen auferlegte Einschränkungen gebrochen und die Macht, die darin liegt, sich zwischen Staaten und Zuständen (geopolitisch oder anderweitig) zu befinden, angenommen werden. Das Grenzland wird umgestaltet zu einem Ort des Einfallsreichtums, der Stärke und der Resilienz, dem gesellschaftlichen Aufbau, der Formbarkeit der Zeit sowie
der De- und Re-Konstruktion und der Wiederbehauptung von Identität. (Erik Martinson)

Performance: Borrego – Omar Xique Cuautle, Birija – Adrian Xique Trinidad
Kameraarbeit von David Morales

Abbildungen: Federico Cuatlacuatl Teles, Tiemperos Del Antropoceno: TOLCHIKAUALISTLI, 2021 © David Morales

Über den Künstler

Federico Cuatlacuatl Teles * 1991 in Cholula, MEX, lebt und arbeitet in Charlottesville, Virginia, USA. Studium an der Bowling Green State University, Ohio, USA
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Über das Werk

Länge 00:09:16

Hintergründe auf Videonale X

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Federico Cuatlacuatl verrät uns mehr über seine nächste Arbeit und auf welcher Website er sich über die lateinamerikanische Filmszene auf dem Laufenden hält.
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